Was wäre ein Leben ohne Bücher? Für mich unvorstellbar. Ob Sachbuch, Familienepos, Krimi, Herzschmerz, Abenteuerroman oder Lyrik. Ohne Bücher wäre mein Leben nicht denkbar. Ich lese um die Welt zu erfahren und mich weiterzubilden, ich lese um in andere Welten einzutauchen und mich zu entspannen, ich lese um mich zu unterhalten und zu lachen, um zu träumen und um Gänsehaut zu spüren. Bücher sind also ständige Begleiter meines Lebens. Deshalb habe ich mir darüber Gedanken gemacht, welche Bücher mich besonders geprägt haben. Welche Bücher eigentlich meine Lebensbücher sind.
Voila! Das sind sie. Meine 5 Lebensbücher. Jene Bücher, die mich und mein Leben maßgeblich verändert haben.
Natürlich nur bis zum heutigen Tag gerechnet. Ich schätze da wird es in der Zukunft noch weitere, mich prägende Bücher geben. Und selbstverständlich waren da noch viel, viel mehr Bücher, die ich verschlungen habe, in die ich versunken bin und die auf mein Leben gewirkt haben. Aber diese fünf Bücher haben mich nachhaltig geprägt. Sie haben dazu beigetragen, dass ich bin, wer ich bin. Sie haben in mir etwas verändert, etwas verrückt in meinem Denken und meiner Sicht auf die Welt.
Diese fünf Bücher wandern deshalb auch immer mit mir mit. Ich sortiere regelmäßig meine Bücher aus, bringe sie zu Secondhand-Läden oder Flohmärkten. Aber diese fünf Bücher bleiben bei mir.
#1 Kinderherz und Kindersinn – Autor unbekannt
Es war mein absolutes Lieblingsbuch als Kind. Kaum konnte ich lesen, verschlang ich die Kurzgeschichten dieses Buches. Etwa die Geschichte „Greti findet eine Freundin“ wo es um das Mädchen Greti geht, welches auf eine Puppe spart. Doch dann, endlich kann sie sich die geliebte Puppe kaufen, begegnet sie vor dem Geschäft einem armen Mädchen, das sich ebenfalls in diese eine Puppe verliebt hatte. Greti zeigt großes Herz und kauft dem armen Mädchen die Puppe. Daraus entsteht eine Freundschaft.
Oder die Geschichte „Liebe Mutter!“, in der es um zwei Kinder geht, deren Mutter gestorben war und die zur neuen Frau des Vaters nicht Mutter sagen wollten. Bis zu dem Moment wo eines der Kinder erkrankt und die neue Mutter um seine Gesundheit kämpft.
Als Kind war ich fasziniert von diesem Buch, habe ich mit dem Helden der Geschichten mitgefiebert und mitgelitten. Das Buch hat mich viele Jahre begleitet und immer, wenn ich traurig war, und das war ich als Kind sehr oft, fand ich in diesem Buch Trost.
Als Erwachsene, ich hatte das Buch nach 20 Jahren zufällig wieder in die Hand genommen, war ich dann schockiert. Mein geliebtes Buch „Kinderherz und Kindersinn“ entpuppte sich als christliches Indoktrinierungs-Buch. „Belehrende Aufsätze für unsere Lieblinge“ steht da auch auf der erste Seite und der Verlag nannte sich auch noch „Wegweiser-Verlag“. Ich war damals als junge Erwachsene, mitten in der Rebellion, wütend auf meine Eltern, dass sie mich mit so einem „Stoff“ versorgt hatten, dass sie meinem leichtgläubigen Kinderhirn und Kinderherz dieser christliche Wertehaltung und dem christlichen „Gut und Böse“ aussetzten. Ich war so wütend, dass ich das Buch in den Müll warf.
Mittlerweile bin ich aber mit dem Buch wieder versöhnt. Dieses Buch stellt zugegeben meine Grundprägung dar und die ist eben christlich. Vor ein paar Jahren dann war ich sogar total aus dem Häuschen, als ich ein Exemplar dieses Buches zufällig auf einem Flohmarkt fand. Tja, und so steht es wieder im meinem Bücherregel und wird regelmäßig in die Hand genommen.
#2 Die Wand – Marlen Haushofer
Viele Jahre meines Lebens habe ich nicht gelesen. Schuld daran war der uns vorgegebene Pflicht-Lesestoff im Gymnasium. Als ohnehin eher melancholisches Mädchen waren die düsteren Bücher von Franz Innerhofer für mich eine Qual und den Schüler Gerber habe ich schlichtweg gehasst. Sobald ich nicht mehr lesen musste, las ich nicht mehr. Etwa 10 Jahre lang.
Kurz bevor ich 30 Jahre alt wurde, begann ich wieder Buchhandlungen zu besuchen und in Büchern zu stöbern. Dabei traf ich auf Marlen Haushofers Buch Die Wand und meine Liebe zu Büchern begann.
Ich war damals eine junge Frau, festsitzend in einer einengenden Beziehung, unglücklich, aber ohne Mut diese Beziehung zu verlassen, weil ich unendliche Angst davor hatte alleine das Leben zu wagen. Haushofers Heldin, die sich eines Morgens alleine wiederfindet in einer Hütte in den Bergen, eingeschlossen in einem Stück Natur, umgeben von einer gläsernen Wand und um ihr Weiterleben kämpfend, zog mich in ihren Bann. Zu lesen wie diese Frau sich durchkämpft, wie sie immer mehr lernt sich auf sich selbst zu verlassen, immer mehr Energie und Kraft aufbaut und wie sie am Ende, trotz eines verstörenden Unglücks, mit Zuversicht in die Zukunft schaut, hat in mir viel verändert. Dieses Buch war wie ein Startschuss mich auf den Weg zu machen und ein mutiger Mensch zu werden. Ein Mensch, der das Leben angeht.
#3 Mond – Tanz – Magie – Luisa Francia
Geprägt von einer sehr angepassten Mutter, die mir viele Ängste und Unsicherheit mit auf den Weg gab und mir predigte, so ein Frauenleben wäre vor allem arbeitsreich und voll von Verzicht, war die Begegnung mit den Büchern von Luisa Francia für mich eine Offenbarung. Frausein geht auch anders! Frausein kann auch lustvoll sein! Frau darf sich in Schlamm wälzen, mit Asche bemalen, nackt vor der Kamera posieren, sie darf Kreise aus Steinen legen und magische, archaische Rituale veranstalten und sich danach in den kalten Fluss stürzen.
Mond – Tanz – Magie von Luisa Francia war für mich viele Jahre fast wie meine Bibel. In diesem wunderbaren Buch ordnet Luisa Francia dreizehn Voll- oder Neumonden des Jahres je eine Frauengestalt zu und erzählt deren Geschichte. Dazu beschreibt sie je einen Mondtanz als Ritual und ordnet noch eine Pflanze und ein Tier zu. In dem Buch begegnen uns etwa die Frauenfiguren Percht, Gorgo, Amazone, Fata Morgana, Elfe und Lilith.
Am Ende des Buches findet man kraftvolle Schwarz-Weiss-Fotos von Luisa Francia, die sie bei verschiedenen Ritualen zeigen.
#4 Die Wolfsfrau – Clarissa P. Estès
Das Buch Die Wolfsfrau – Die Kraft der weiblichen Urinstinkte hat mir das Leben gerettet. Große Ansage, ich weiß. Aber emotional spüre ich das immer noch so. Ich weiß nicht mehr, wer mir dieses Buch in die Hand gedrückt hat. Aber ich weiß noch, dass diese Person meinte: „Soll man lesen, wenn es einem richtig dreckig geht“. Und das ging es mir. Der Boden war mir unter den Füßen weggezogen worden, ich war in meiner eigenen Hölle gelandet und wimmerte nachts vor Schmerz.
In dem Buch erzählt die Märchenerzählern Clarissa P. Estés Märchen aus aller Welt, in denen Frauen eine Hauptrolle spielen, und interpretiert sie. Dabei reiht sie Märchen so, dass man durch ein Frauenleben wandert, von dem jungen Mädchen, über die junge erwachsene Frau bis zur älteren Frau. Das Buch macht Lust die „wilde Frau“ in Dir zu entdecken, die ungezügelte Frau, die sich selbst lebt und die ihren Gefühlen vertraut. Es geht um Befreiung, um freie Liebe, um Seelenliebe und Selbstmitleid, um Körperfreuden und um die eigene Schöpferkraft. Für mich war die Wolfsfrau Kraftquelle. Sie gab mir die Zuversicht, dass am Ende alles seinen Sinn hat. Und sie gab mir die Sicherheit, dass ich den Schmerz ertragen werde, ja sogar erstarkt aus dem Schmerz hervorgehen werde. Außerdem hat sie meine Kreativität geweckt, mir Lust gemacht meiner Intuition zu trauen und sie hat mich ein Stück mit meinem Körper versöhnt.
Wann immer mir übrigens in meinem Leben eine Frau gegenüber steht, die gerade leidet, der es gerade so richtig schlecht geht, empfehle ich dieses Buch und sage erklärend dazu: „Soll man lesen, wenn es einem so richtig dreckig geht.“
Wenn Du mich lieben willst – Giaconda BellIi
Ich liebe Gedichte. Ob Erich Fried, Paul Celan, Pablo Neruda, Rainer Maria Rilke, ob Rose Ausländer, Erika Pluhar oder Nelly Sachs. Ich liebe Lyrik und die Entscheidung, welches der vielen Lyrikbände ich zu meinem Lebensbuch ernenne, war gar nicht so leicht. Es war nur klar, dass ein Lyrikband dabei sein muss. Unbedingt!
Giaconda Bellis Wenn du mich lieben willst habe ich schlussendlich deshalb gewählt, weil ich dieses Buch wohl am regelmäßigsten zur Hand nehme. Außerdem habe ich zu dem Gedichteband von Giaconda Belli noch einen speziellen Bezug. Ich habe einige Jahre meines Lebens sehr viel gemalt, vor allem große, bunte Frauenakte, und den Bilder gerne als Titel Zeilen von Giaconda Bellis Gedichten zugeordnet. So tragen Bilder von mir etwa Titel wie „Im Lavastrom meines Herzens“ oder „Als das Dunkel zersplitterte“.
Ein bisschen hadere ich damit, dass unter meinen Lebensbüchern gar kein Klassiker ist, nicht einmal ein Buch eines Nobelpreisträgers, tztztz…. Fast wollte ich ein wenig schummeln bei der Wahl. Frau will ja öffentlich nicht einfältig dastehen :-) Aber so ist es, ich liebe die Bücher von Isabell Allende, von José Saramago, von Milan Kundera….., die Krimis von Hakan Nesser, Joe Fielding und natürlich von Stephen King… ich liebe eine Vielzahl an Autorinnen!
Aber meine Lebensbücher, jene Bücher die mich geprägt haben, sind überraschend profan. Und sie kamen wohl auch zum richtigen Zeitpunkt in mein Leben, sind mir genau dann begegne, als ich sie brauchte.
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